Die liebe Petra Hamacher von
allerlei-themen.de fragte in einer Gruppe in der ich bin auf Facebook nach Frauen die unter Wochenbett Baby Blues / Depression leiden. Da ich eins selbst in den selben Boot steckte, wusste ich sofort dass das endlich die Chance ist darüber zu sprechen.
Ich bin auch eine von vielen Frauen die damit lebt, sich versteckt und auch sehr lange sehr sehr viel Scheu hatte sich jemanden anzuvertrauen.
1. Wie immer sinnvollerweise als erstes: Erkläre doch kurz, wer Du bist?
Ich heiße Tina, bin 27 Jahre und wohne in Bayern. Bin seit kurzen sehr glücklich verheiratet und habe zwei wundervolle Söhne.
2. Wie viele Kinder hast Du und bei welchem Deiner Kinder trat der Babyblues auf?
Der große ist knapp sechs und mein jüngster 10 Wochen.
Bei meinen ersten traf erst Baby Blues ein. Da ich es verdrängte, weil ich davon nie was gehört habe, schlich sich letztendlich eine Depression ein die jahrelang anhielt.
3. Welche Anzeichen gab es und wie hast Du gemerkt, dass die Gedanken nicht nur kurz abschweifen sondern eher den ganzen Tag dunkel bleiben? Also wurde es auch eine Depression?
Anzeichen gab es viele. Ich habe nur alle sehr verdrängt bzw gedacht dass sei normal. Ich fühlte bei meinen ersten Sohn immer eine kalte Distanz in den ersten Wochen. Plötzlich kamen Gedanken dazu wie 'ich kann nicht für ihn sorgen', 'ich bin eine schlechte Mutter','warum habe ich ihn bekommen' (obwohl er ein absolutes Wunschkind war bzw ist!!). Die komplette Schwangerschaft war ich der glücklichste Mensch (obwohl ich eine Horror Schwangerschaft gesundheitlich hatte) und plötzlich das. Ich wusste nicht was mit mir los sei. Ich liebe meinen kleinen doch über alles! Aber diese ständigen dummen Gedanken und der Stress mit Alltag (Umzug in die USA während des ersten Lebensjahres), Tränenreiche und Schlaflose Nächte, Suizid Gedanken (damit es endlich aufhört), gehörten sehr schnell zu meinen Alltag.
4. Hast Du Dich jemandem anvertraut bzw. hat jemand zu Dir gesagt „Du hör mal, ich glaube, Du hast den Babyblues / Wochenbettdepression?“
Ich konnte mit meinen Exmann nicht darüber reden, er hat es einfach nicht verstanden. Und wusste nicht wie er mit mir umzugehen hat. Die Ehe ging letztendlich deswegen in die Brüche.
2012, also drei Jahre nachdem mein großer geboren wurde traute ich mich endlich zum Arzt und Psychiater. Jedoch beendete ich die Therapie nicht sondern zog wieder nach Deutschland und lies mich scheiden.
In dieser schweren Zeit lernte ich meinen 'neuen' Mann kennen und lieben. Er holte mich aus dem tiefsten Loch meines Lebens. In jeder Lebensphase half er mir raus und sogar jetzt mit meinen Angststörungen und Panikattacken nach der zweiten Schwangerschaft ist er eine sehr große Stütze und weiß einfach wann es mir schlecht geht.
5.Wie war der Babyblues für Dich? Mehr ein Blues oder doch schon eine Depression? Und in welchen Situationen war es besonders schlimm?
Der Babyblues hatte ich wie gesagt verdrängt und mir immer gesagt es sei normal. Das war der entscheidende Fehler. Es war besonders schlimm weil mein kompletter Alltag daran gelitten hat. Es gab manchmal Wochen an denen ich tagtäglich aufgestanden bin und mich die Depression mit einer harten Backpfeife schlug und ich nicht mal aus dem Haus konnte geschweige denn funktionieren.
6. Gab es Verstärker (Momente, in denen es besonders schlimm war) Und was hast Du dagegen und gegen die Gefühle unternommen?
Wenn der kleine geschrien hat, konnte ich das nicht mit anhören. Ich gab ihn also zu seinem Vater ging ins Schlafzimmer, schloss mich ein und weinte mich in den Schlaf. Gegen die Gefühle hab ich nichts weiter unternommen. Wenn ich aber drüber so nachdenke ging ich an solchen Tagen oft einkaufen. Kaufte sinnlose Dinge und versuchte mich an solchen Dingen zu erfreuen. Dass ich das im Nachhinein bereut habe ist ja wohl klar.
7. Wie lange hat der Blues angedauert? Und warum hat er geendet bzw. warum wurde es eine Depression, falls es eine war)?
Blues hat angefangen im Oktober 2009 und entwickelte sich zu einer Depression bis ca. 2013. Ich nahm 2012 Antidepressiva und dachte die werden mir helfen, hatten die Situation jedoch enorm verschlimmert. Jedoch muss ich dazu sagen dass ich sie nicht regelmäßig genommen habe und auch nicht immer zu meinen Therapie Stunden aufgetaucht bin.
Mein Mann holte mich aus den größten Loch raus.
8. Wie waren die Reaktionen Dir gegenüber in dieser Zeit?
Keiner hat es SO mitbekommen, weil ich jeden die 'Starke' vorgegaukelt habe. Mein ExMann meinte immer ich soll mich nicht so haben und einfach aus dem Haus gehen ect. Aber genau diese Sachen waren zu viel für mich.
9. Glaubst Du, der Babyblues / Wochenbettdepression ist vollständig verschwunden?
Ja. Ist sie. Es war ein sehr langer Prozess aber heute kann ich sagen dass die Depression nicht mehr mit mir lebt und über mich herrscht.
10. Hat Dich das Gefühlschaos nachhaltig verändert? Auch hinsichtlich anderer Eltern?
Die Depression machte mich stärker. Ich schätze jetzt die Zeit mehr mit meinen großen denn so viele Jahre 'verschlaf' ich so viel. Auch jetzt bei meinen zweiten Sohn merke ich dass mich das Babyblues nicht von der Seite angetippt hat und gesagt hat 'hier bin ich' sondern ich weis alles anders zu handeln. Jedoch traten jetzt bei mir Angststörungen auf und Vorallen Panikattacken, noch weis ich nicht wie ich sie 'handeln' soll und bin deswegen erstmal auf Antidepressiva wieder bis ich eine feste Therapie anfangen kann.
11. Was würdest Du anderen Müttern raten, wenn sie merken, das etwas nicht stimmt?
Sich nicht zu verstecken. Sich einzugestehen dass man 'es' hat. Sich nicht dafür schämen. Mit der engsten Vertrauensperson wenden. Und auf jeden fall professionelle Hilfe suchen, auch wenn das verdammt viel Überwindung kostet. Schiebt es nicht vor euch her, damit macht ihr mehr kaputt. Und selbst wenn ich das selber nicht gemacht habe. Geht raus, einmal um den Block hilft. Heute mit meinen Panikattacken und wenn ich wieder Ängste empfinde mache ich das selbe und es hilft für den Moment um runterzukommen. Bei Depressionen ist es nichts anderes weil es euch ablenkt. Denkt an was tolles wie Strandurlaub, schaut euch in euren Zimmer um fixiert euch auf einen Punkt wie zb einer Blume und versucht sie im Kopf zu beschreiben. Ihr glaubt gar nicht wie schnell man damit von doofen Gedanken weg ist.
12. Können andere Mütter noch etwas über Dich erfahren? Hast Du einen Blog (Social Media Accounts), dann schreibe es hier.
Ich blogge schon nun seit dem ich weis dass ich schwanger bin und seit neustem habe ich mich auch entschieden über die Zeit mit den Depressionen zu schreiben und in der neuen Situation in der ich mich gerade befinde. Ich selber würde gerne mehr solcher Frauen hier antreffen wollen und Erfahrungen austauschen oder einfach nur mal hören wie es einer anderen Frau gerade geht und ihr mit meinen Erfahrungen zu helfen und gegebenfalls Mut zuzusprechen.
Hier mein Blog: http://mamabloggtjetzt.blogspot.de
Vielen lieben Dank fürs Lesen und denkt daran ihr seit nicht alleine damit.
Liebe Grüße Tina